Alinghi Segler sind kiter

  • Ganz gut, auch einmal zu verlieren; Fehler-Analyse bei Alinghi am ersten Ruhetag - Segler gehen surfen
    wag. Valencia, 25."Juni
    499 words
    26 June 2007
    Neue Zürcher Zeitung
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    German
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    Wenn die Radprofis an grossen Rundfahrten ein Ruhetag ereilt, setzen sie sich nur kurz an den Swimmingpool - für die Fotografen. Danach schwingen sie sich sofort wieder aufs Velo. Trainieren, trainieren, nur den Rhythmus nicht verlieren. Die Segler am America's Cup haben es beschaulicher: Die Boote von Alinghi und Team New Zealand blieben am Montag im Hafen. «Wir haben in den letzten Monaten genug gesegelt», beschied der neuseeländische Stratege Ray Davies. Die starken Männer vom Team New Zealand konnten sich nach dem ersten Sieg gegen das Schweizer Syndikat etwas zurücklehnen.


    Die Schweizer aber hatten nach der Niederlage ausgedehnte Meetings zu verdauen. Am Sonntagabend bereits gab es eine erste Besprechung, am Morgen danach analysierte der Skipper Brad Butterworth am Video lange die entscheidenden Fehler. Laute Worte sollen keine gefallen sein - anders, als das unter dem früheren Skipper Russell Coutts bei ähnlichen Gelegenheiten noch geschehen war. «Eine Regatta zu verlieren, bedeutet nicht das Ende der Welt. Bei Alinghi wussten alle, dass wir nicht 5:0 gewinnen», sagt der Pitman Yves Detrey aus Vevey. Und der Trimmer Nils Frei findet, es sei mental vielleicht sogar gut, auch einmal zu verlieren. Der Bieler bringt die Fehler in der sonntäglichen Regatta auf einen Nenner: «Entweder man segelt auf den Wind oder auf den Gegner. Wir sind halb auf den Wind und halb auf den Gegner gesegelt.»


    An Renntagen verlassen Detrey und Frei die Teambasis normalerweise erst um acht Uhr abends. Am Ruhetag war früher Schluss: Nach der ausführlichen Rennanalyse musste noch das Segelmaterial gewartet werden - und dann kam das Vergnügen. Zusammen mit Teamkollegen gingen Detrey und Frei zum Kite-Surfen an den südlichen Strand von Valencia. Solche Momente der Entspannung sind selten.


    Weder Detrey noch Frei haben es ins Rennteam von Alinghi geschafft. Sie segeln im sogenannten B-Team vor den Regatten in den Aufwärm-Manövern mit, geben den Kollegen auf dem A-Boot Informationen und Tipps. Nach vier Jahren harter Arbeit nicht zu den Auserwählten zu gehören, kann nicht leicht sein. Beide Schweizer Segler sprechen auch offen von «einer Enttäuschung». Jene von Detrey dürfte noch grösser sein, hatte er doch in den Vorregatten in Dubai zum Team von Ed Baird gehört, der später zum Steuermann von Alinghi erkoren wurde. Detrey hatte gehofft, es in dessen Sog auch ins America's-Cup-Aufgebot zu schaffen.


    Von beiden sind dennoch keine Klagen zu hören. «Wir wussten, dass nicht jeder ins A-Team kommen kann. Alinghi versammelt schliesslich die weltbesten Segler», sagt Frei. Detrey sieht es ähnlich pragmatisch: «Sollte Alinghi weitermachen, wäre ich gern wieder dabei. Es gibt keinen Grund, das Team zu verlassen.» Wenn am Dienstag wieder gesegelt wird, dürften beide trotzdem leise Bitterkeit verspüren. Während die Kollegen mit der SUI 100 gegen das Team New Zealand zur Revanche antreten, müssen sie mit der SUI 91 zurück in die Basis. Bis sie vor dem Bildschirm sitzen, ist der Startschuss schon gefallen.


    Document NEUZZ00020070626e36q0006o